GRUPPENVERSTÄNDNIS

Das "theaterarbeiterkollektiv", wie es sich sah und gesehen werden wollte:

Gruppenarbeit und Projektstudium

 

Die Welt als veränderbar zu vermitteln; die Umgestaltung als Befreiungsakt zu signalisieren; unsere Gesellschaft als von uns Menschen entwickelte und weiter zu entwickelnde zu zeigen - dazu bedarf es von Seiten der Kulturschaffenden, der Theaterarbeiter an Wissen. Denn ohne Wissen kann man nichts zeigen (außer leeren Formen). Denn wie soll man ohne Wissen wissen, was wissenswert ist. Ohne Ansichten und Absichten kann man keine Abbildungen machen. Man muss wissen, was man da abbildet und wem dies von Nutzen sein kann. Aus all diesen Gründen ist das umfassende Wissen aller am Projekt beteiligten Aktivisten von entscheidender Bedeutung. Und dieses Wissen kann nur in einer intensiven, alle einbindenden Gruppenarbeit und einem permanenten projektbezogenen Tun erworben werden.

Kollektives Miteinander

 

Durch die klassische Hierarchie, durch die ökonomischen Bedingungen (die Befriedigung des Abonnentenpublikums) und die nicht unbe-dingt qualitätsfördernden, relativ kurzen Produk-tionszeiten ... kommt es am bürgerlichen Theater zu vielerlei Entfremdungssituationen. Betroffen davon sind vor allem die Schauspieler. Sie werden vielfach zu potentiellen Warenproduzen-ten degradiert. Sie empfinden sich als Material, dessen Formbestimmung von anderen vorgenommen wird. Dem kann nur durch einen gemeinsamen, durch einen kollektiven Arbeitsprozess begegnet werden. Ohne hierarchische Strukturen, ohne die Trennung in geistig Denkende und körperlich Arbeitende, als Prozess, in dem jede und jeder gleich viel Wert ist. In einem kollektiven, gemeinsamen Tun. 

 

Arbeits- und Lebensgemeinschaft

 

Das Hauptaugenmerk eines "fortschrittlichen" Theaters kann nicht auf dem literarisch vorge-prägten Rollenstudium liegen, sondern muss sich auf die historisch-materialistische Gewordenheit des gesellschaftlichen Rollengefüges und den Möglich-keiten seiner adäquaten szenischen Abbildung konzentrieren. Dazu aber reicht bloße Anschauung nicht mehr aus. Der Theaterschaffende der Zukunft muss aktiv in der gesellschaftlichen Praxis verankert sein. Die bürgerliche Trennung der Begriffe Arbeit und Freizeit darf es für ihn nicht mehr geben. Im Gegenteil: alles ist Arbeit, alles ist Freizeit. Deshalb auch hat die Gruppe "theaterarbeiterkollektiv" eine Vernetzung der Bereiche Arbeit und Freizeit angestrebt und lebt und arbeitet in einer Wohngemeinschaft, in der Arbeit und Freizeit nicht mehr voneinander zu trennen sind.